Müeti und Ätti Seiler

Gründer*innenpaar des Schlössli’s

Müeti und Ätti sind Ruth Seiler-Schwab (1918–2015) und Robert Hermann Seiler (1917–2001). Sie haben 1953 die Heimschule Schlössli Ins gegründet und bis 1972 geführt.

Ättis Eltern waren Verdingkinder und hatten erlebt, was Kindern zustösst wenn die Eltern nicht mehr zu ihnen schauen können. Der Vater wurde Schneider und Coiffeur, die Mutter Hebamme. Gemeinsam führten sie, im Haus mit ihren eigenen sechs Kindern, ein kleines Heim für Pflegekinder.

Ätti wurde Lehrer und unterrichtete an Staatsschulen. Ihm wurde wieder und wieder gekündigt, weil er in der kommunistischen Bewegung war. In dieser Bewegung lernten sich Ätti und Müeti kennen. Müeti wurde durch junge deutsche und jüdische Flüchtlinge aus Deutschland für sozialistische Ideen begeistert. Sie stammte aus einem armen Bauernhaus und wollte, dass man nicht nur den Arbeitern half, sondern auch den armen Bauern.
Müeti hatte Gärtnerin gelernt. Gemeinsam mit Aetti arbeitete sie während des Zweiten Weltkriegs in einer Gärtnerei und betreute Flüchtlinge aus Deutschland. Nach dem Krieg distanzierte sich das junge Paar von der kommunistischen Partei. Ätti übernahm erneut eine Staatsstelle in einer Gesamtschule im Berner Oberland.

1953 erfolgte dann die Gründung der Heimschule in einem Patrizierhaus (der heutige Rosenhof) mit grossem Park in Ins, im bernischen Seeland. In einer intuitiven Pädagogik wurde den Kindern einen Raum zum Sein und Werden ermöglicht. Es zählte das Zusammenleben, zunächst in der Grossfamilie, im Kleinheim inmitten der Seiler-Familie. Die Kinder der Familie teilten ihre Zimmer mit den Heimkindern. Die rasante Entwicklung dieser Heimschule, die nach 20 Jahren schon hundert Kinder beheimatete, bestand fortwährend auch im Kaufen und Ausbauen neuer Häuser. Die Lernbereiche waren neben dem Schulzimmer und dem Haushalt; die Baustelle, der Hof mit den Tieren, das Gemeinschafts-Ritual, die Natur auf Wanderungen und fremde Kultur auf Reisen.

Ätti war dabei vorwiegend der Pionier, der Neues schaffte und Müeti trug allem die Sorge, auch Geldsorgen des Heimalltags. Ätti hatte während des Lehrerseminars den Theologen und Anthroposophen Friedrich Eymann kennen gelernt und mit ihm die Rudolf Steiner-Pädagogik, die Waldorfpädagogik. Sie wurde die wichtigste Quelle der Schlössli-Pädagogik.

Wichtige Dokumente, die die Pädagogik von Müeti und Ätti charakterisieren, finden sich in vielen „Schlössli-Posten“, die jährlich herauskamen. Das wichtigste Dokument, worin Ättis Geisteshaltung offenbar wird, sind aber die Bärwolfgeschichten. Er hat sie zunächst in unserem Morgenritual den Kindern und Erwachsenen erzählt. Diese Geschichten wurden zu einer eigenen Schlössli-Mythologie. Radio DRS hatte am 26. Oktober 2000, knapp ein Jahr vor seinem Tod, mit Ätti ein Gespräch auf Berndeutsch aufgezeichnet. Darin erzählt er über sein Leben.

2007 ist von der Regisseurin Marianne Schneider ein Film über Aetti gedreht worden. Er heisst „Werde der du bist“. Im Jubiläumsbuch zum 50. des Schlösslis wurde die Geschichte des Schlösslis dargestellt und über Aetti und Müeti erzählt. Im Jahr 2007 wurde der Film über Müeti, „Müetis Kapital“ von Karoline Arn und Martina Rieder, im Fernsehen ausgestrahlt und an den Solothurner Filmtagen gefeiert. Dort begeisterte sich der Verleger des Limmat-Verlags an der Geschichte und gibt darauf hin das Buch „Wenn wir uns gut sind“ von Karoline Arn heraus. 2008 wird „Müetis Kapital“ als bester Berner-Film des Jahres mit der Goldenen Brille ausgezeichnet.