Geistige Quellen

Rudolf Steiner

Rudolf Steiner (1861 – 1925) ist der wichtigste Inspirator der Schlösslipädagogik. Rudolf Steiner ist wohl der grösste Kulturerneuerer im 20. Jahrhundert. Er beschreibt ein ganzheitliches Menschenbild: Der Mensch ist vor allem auch ein geistiges Wesen. Einer seiner wichtigen Impulse ist, dass der Mensch vor allem ein Künstler sein soll, damit er gesellschaftlich und für sich selbst kreativ und intuitiv wirken kann. Er begründete eine eigene Sprach- und Theaterkunst, in dem er Mysterienspiele inaugurierte und zur Aufführung brachte. Er kreierte eine neue Bewegungskunst, die Eurythmie, die Sprache und Musik durch Bewegung sichtbar macht. Er initiierte die heute weltweit praktizierte

Waldorfpädagogik mit über 1000 Schulen auf allen Kontinenten. Er begründete eine neue spirituelle und ökologische Landwirtschaft, die biodynamische Landwirtschaft, die Kosmos und Erde wieder ein Ganzes werden lässt.  Durch ihn gibt es heute eine anthroposophische Medizin, Pharmazie und Kosmetik (Weleda, Wala).

Im Schicksalsjahr 1917 zeigte er alternative Möglichkeiten mit der Idee der Sozialen Dreigliederung von Geistes-, Rechts- und Wirtschaftsleben. Angesichts der katastrophalen gesellschaftlichen Zerrüttung durch den 1. Weltkrieg eine absolute Notwendigkeit.

Rudolf Steiner baute als Architekt das Erste und Zweite Goetheanum in Dornach als Sitz der Anthroposophischen Gesellschaft. Er zeigte ein ganz neues Christusverständnis. Er gab Anregungen zur Gründung der Christengemeinschaft,  einer alternativen spirituellen Kirche. Er befasste sich mit der Idee der wiederholten Erdenleben und gab Karmavorträge, wo er zeigte, wie sich grosse Persönlichkeiten reinkarnieren.
Es gibt heute über 6000 veröffentlichte Vorträge, worin er zu fast allen Lebensfragen Antwort gibt.  Dazu gibt es Grundlagenwerke. Eines der wichtigsten ist die Philosophie der Freiheit. Dort postuliert er, dass der Mensch frei handeln kann, wenn er unabhängig von Trieb und gesellschaftlichen Normen nur seiner intuitiven Stimme folgt. Dieser individuelle Anarchismus, der aus der moralischen Phantasie handelt, gibt dem Menschen seine Autonomie als Sozialkünstler.

 

Johann Heinrich Pestalozzi

Pestalozzi (1746-1827) ist wohl der bekannteste Pädagoge und doch wird seine Persönlichkeit und sein Werk heute im Allgemeinen kaum wahrgenommen.  Er dient heute noch für Abhandlungen der Pädagogik-Geschichte. Im heutigen pädagogischen Diskurs wird er als veraltet angeschaut.

Die Schlösslipädagogik gründet existentiell auf dem Menschenbild Pestalozzis. Pestalozzi war in seinen jungen Jahren begeistert von dem Sozialrevolutionär und geistigem Vater der Französischen Revolution (1789) Jean Jaques Rousseau (1712-1778). „Die beste Erziehung ist keine Erziehung“ (education negativ) war sein pädagogischer Schlachtruf und somit der Grundstein bis in unsere Zeit mit der Anti-Pädagogik, schwarzen Pädagogik und antiautoritären Erziehung. „Der Mensch wird gut geboren und wird dann von der Gesellschaft nur noch schlechter gemacht“ ist dieser rousseauscher Radikalismus. Der Mensch soll von der noch heilen Natur erzogen werden. Diese Skepsis gegenüber der manipulatorischen gesellschaftlichen Erziehung ist gerade heute wieder gefragt und ist ein wichtiges Element der Schlösslipädagogik.

Pestalozzi hat diese rousseausche These metamorphosiert in seinem genialen trinitarischen Menschenbild: „ Der Mensch ist Werk der Natur, der Mensch ist Werk der Gesellschaft, der Mensch ist Werk seiner selbst“. Diese polaren, antithetischen und paradoxen Thesen geben in der Lebenswirklichkeit Sinn. Der Mensch gehört durch seinen Leib der elementaren Natur an. Der Mensch soll seelisch sich auch in die Gesellschaft und Kultur einordnen. Der Mensch soll aber immer mehr sich selber werden. „Werde der du bist“ heisst darum auch die Jubiläumsschrift zum 50. Geburtstag des Schlösslis. In der Schlösslipädagogik heisst es dann, dass der Mensch sich wiederum mit der Natur verbinden muss. Nicht zurück zur Natur, wie es Rousseau predigte, sondern vorwärts zur Natur!

Das Schlössli hat auch darum einen Bezug zum Pestalozzi, weil das Schauspiel von Albert Steffen „Pestalozzi“ viele Male mit Kindern und MitarbeiterInnen aufgeführt wurde. Dort zeigen sich im Lehrerstreit die polaren Kräfte von Niederer und Schmid, die luziferischen und ahrimanischen Kräfte. Pestalozzi wird hier dargestellt als die christliche Mitte. Im Schauspiel erleben wir die drei letzten Tage von Pestalozzi und seine Lebensrückschau in Traumbildern.
Im April 2015 kam ein Werk im Ch. Möllmann-Verlag heraus: Johann Heinrich Pestalozzi, ein Vorverkünder der „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners von Ueli Seiler-Hugova. Hier zeigt der Autor u.a. wie Persönlichkeit und Werk Pestalozzis mit der Schlösslipädagogik zusammenhängt.

 

Jean Gebser

Jean Gebser (1905-1973) ist einer der originellsten Kulturphilosophen des 20. Jahrhunderts, obwohl, oder vielleicht gerade darum, er nie in ein Gymnasium, noch auf eine Universität gegangen ist. In Deutschpolen geboren, hat er dann in Berlin eine Banklehre gemacht. Seine Eltern hatten kein Geld für das Gymnasium. Er verfasst schon als 20jähriger wunderbare Gedichte. Da sie niemand verlegen will, gründet er die Rabenpresse. Nun macht er eine Buchhändlerlehre in Berlin und ist bald in Italien in einem Antiquariat und lernt Italienisch.

1931 ist er im Bürgerkrieg in Spanien und lernt dort den spanischen Dichter Frederico Garcia Lorca (1898 – 1936) kennen. Er übersetzt Lorca in die deutsche Sprache. Dort ist Gebser zufälligerweise nicht erschossen worden. Noch in Spanien hatte er während ein paar Sekunden eine Intuition: Er findet eine Weltformel, die er dann in seinem restlichen Leben dokumentiert. Er sieht die Menschheit im Großen als eine Entwicklung von Bewusstsein zu Bewusstsein. Er beschreibt ein archaisches Urbewusstsein, eine Art paradiesischer Zustand, der dem Menschen die Grundexistenz gibt, ihn sein Sein zu erleben. Durch einen Mutationssprung bricht ein neues Bewusstsein hervor, nämlich das magische Naturbewusstsein, wo Mensch und Natur noch eine Totalität sind. Dieses Bewusstsein wird aber mit der Zeit defizient. Das ist das Zeichen, dass ein neues Bewusstsein im Anzug ist. Es ist das mythische. Hier erlebt der Mensch die Welt in der Zeit zwischen Tag und Nacht. Der Mensch gibt den Naturphänomenen wie Sonne, Mond und Sterne mythologische Namen und Geschichten. In der klassischen griechischen Kultur(500 vor Christus) wird das mythologische Bewusstsein defizient. Das neue Bewusstsein ist mental und später rational. Es ist das (natur)wissenschaftliche Bewusstsein, das erst in der Renaissance ganz zum Tragen kommt und heute nach Gebser schon wieder defizient ist. Das wiederum neue zukünftige  Bewusstsein, das Gebser postuliert, ist das integrale, ein ganzheitliches Bewusstsein. Unser krankes, an den Universitäten gelehrtes Bewusstsein, zerstört Mensch und Natur, denn das nur Mental-Rationale schliesst die anderen früheren Bewusstseine aus und okkupiert sie als das einzig Wahre. Das ganzheitlich umfassende integrale Bewusstsein hat die Möglichkeit alle Kräfte des Menschen zu aktivieren.

Vor dem 2. Weltkrieg ist Gebser in Paris und lernt dort die Künstler-Avantgarde kennen, u.a. Pablo Picasso. Kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges reist er in seine Wahlheimat Schweiz. Zuerst lebt er im Tessin, dann in Bern, wo er in Wabern 1973 stirbt.
Sein Hauptwerk ist Ursprung und Gegenwart. Seine Gedichte sind eine Weiterentwicklung der rilkischen Lyrik. In Asien lächelt  anders zeigt er das subtile Verständnis asiatischer Kultur.
Was hat Jean Gebser mit der Schlösslipädagogik zu tun? Dieses gebserische Kulturverständnis ist ein historisches und zeigt die Entwicklung der Menschheit, was Steiner auch ähnlich tut. Doch diese beschriebene Menschheitsentwicklung zeigt sich auch in der Individualentwicklung des Menschen: Der Mensch wird aus einer vorgeburtlichen, paradiesischen und archaischen Welt geboren. Dort  ist auch sein existentielles sinnstiftendes Schicksal begründet. Im ersten Jahrsiebt sind für das Kind vor allem alle magischen Naturkräfte wichtig. Rudolf Steiner spricht von den Äther- oder Bildekräfte.  Im zweiten Jahrsiebt steht die Mythologie im Mittelpunkt. Das Kind erlebt  die Engeln, Zwergen, mythischen Schöpfungsgeschichten des Alten Testaments, der Germanen, der alten Inder, Perser, Aegypter und Griechen. Es taucht in die mittelalterliche Welt der christlichen Klöster und Ritter ein.  Erst jetzt, etwa vierzehn Jahre alt, entwickelt das Kind hauptsächlich die mental rationalen Kräfte. Es hört in der Schule die Entwicklung der Menschheit von der Renaissance bis in die Gegenwart.

Wenn ein Mensch die Entwicklung in diesem Sinne durchmachen kann, hat er alle Bewusstseinsebenen, das magische Bauchbewusstsein, das mythische Herz/Lungenbewusstsein, das mental/rationale Kopfbewusstsein in sich kultiviert und kann versuchen sie alle mit sich selbst zu integrieren. Denn das Zukunftsziel, das die Schlösslipädagogik im Sinne hat, ist ein integraler Mensch, der ebenso mit den elementaren Naturkräften umgehen kann, wie auch mit Gott, den Engeln, mit Mythen, mit Mathematik und Naturwissenschaften, mit den moralischen Kräften in sich selbst, mit der Beziehungsfähigkeit zu Mensch und Natur.

 

Erich From

Erich Fromm (1900 – 1980) ist einer der größten Humanisten des 20. Jahrhunderts. Er ist der erste Psychologe, der in der ganzen Konsequenz die Psychologe auf die Gesellschaft anwendet. Obwohl er aus einer traditionsreichen Rabbinerfamilie kommt, befreit er sich vom Judentum in eine höhere Ordnung des Humanismus. Er emigriert nach Amerika und schreibt in New York sein wichtiges Buch „Furcht vor der Freiheit“ (1941). Darin stellt er die Frage, wie es möglich ist, dass eine so hohe kulturelle deutsche Gesellschaft fähig wird, zu solchem Verbrechen, wie der Holocaust. Mit gängigen psychologischen Begriffen, wie z. B. Sadismus und Masochismus, zeigt er, wie der Mensch Angst hat vor der Freiheit und sich lieber in eine perverse Abhängigkeit begibt, als sich kreativ, durch das Aushalten des Alleinseins zur Unabhängigkeit und Freiheit entwickeln kann. Wie schon Rudolf Steiner in seiner „Philosophie der Freiheit“ darlegt, zeigt Fromm die kreative, intuitive Freiheit als das eigentlich moralisch Menschliche. Steiner fordert eine Erziehung zur Freiheit.

Das Kultbuch „Kunst des Liebens“ (1956) erreicht über 60 Auflagen. Darin charakterisiert er Liebe als künstlerische Fähigkeit und nicht objektbezogen. Wieder ist es die Kunst, wie bei Steiner, die den Menschen erst zum Menschen macht.
In „Haben oder Sein“ (1976) wird Fromm zum existentiellen Kapitalismuskritiker. Nicht das Haben ist der kreative Teil des Menschen, sondern im Sein wird der Mensch ganz Mensch. Hier finden wir das Anliegen des Heiligen Franziskus und das Prinzip der Theologie der Befreiung von Leonardo Boff. Die Schlösslipädagogik hat sich immer dafür eingesetzt, dass Kinder und Jugendliche sich am eigenen Sein orientieren können. Wir brauchen eine Pädagogik des Seins.

Ein wichtiges Phänomen zeigt er, dass die pervertierte Gesellschaft sich lieber am Toten orientiert, als am Lebendigen. Es gilt darum auch in der Pädagogik, sich nicht vor allem nekrophilisch mit der Technik und Materiellem zu beschäftigen, sondern die Liebe zum Lebendigen(Biophilie) zu fördern. Schlösslipädagogik fordert darum, Naturerlebnisse, Gartenbau, Tierpflege, Pflege von Hilfsbedürftigen usw.